Individualisierung von Liturgien

 

4. Darstellung und Zuschneiden auf den eigenen Gott und die aktuelle Situation

Das DSA4 Regelwerk „Wege der Götter“ gibt gute Beispieltexte und Umsetzungsideen bei den Segnungen und Liturgien vor, die verwendet werden können, wohingegen bei DSA5 sowohl im Regelwerk, wie auch in „Aventurisches Götterwirken“ leider keine solchen fürs LARP sehr wichtigen Ausspielhilfen mehr gegeben werden. 

 

Der Unterschied am Beispiel: Schutzsegen

 a) Quellenbuch „Wege der Götter“, S.253:

Der Geweihte zieht einen Kreis um den zu schützenden Bereich (z.B. mit dem Schwert (Rondra), mit Graberde (Boron), mit Rosenwasser (Rahja), o.ä.), richtet sich auf, präsentiert ein Symbol seines Amtes, schlägt eine heilige Geste und donnert dem unheiligen Angreifer entgegen: „Im Namen [der Göttin / des Gottes], der Herrin Rondra und ihrer Geschwister: Unheiliges Gezücht, weiche zurück! Du kannst hier nicht vorbei!“

Hier zeigt sich schon, was zu einer spielrelevanten Liturgie alles gehört: Vorbereitung, Ausrüstung, Gesten, Worte. Das Beispiel gibt bereits gute Hinweise, wie man einen Schutzsegen ausspielen kann. Wenn das alles schön durchgeführt wird, hat man vor dem Hintergrund der Spielwelt alles richtig gemacht und wegen der Bekanntheit dieser Liturgie auch eine große Chance darauf, dass die Mitspieler die Wirkung einschätzen können.

Aber da geht noch deutlich mehr!

 

b) Anpassung an die Situation:

Segnungen, Gebete, Liturgien werden umso besser, je näher sie am aktuellen Geschehen sind (Weiteres Beispiel: Der Mustergrabsegen). Deswegen sollten sie immer an die Spielsituation angepasst werden.

Musterbeispiel eines angepassten Tsa-Schutzsegens gegen einen niederen Dämon:

Die Tsageweihte findet sich mit einer kleinen Schar schwach bewaffneter Gefährten überraschend einem Dämon gegenüber. In der Panik und ohne im Bezwingen von Dämonen ausgebildet zu sein, ruft sie die Herrin Tsa an, sie und ihre Gefährten vor dem Tod zu schützen.

„<hastig> Oh meine Göttin Tsa… sieh zu uns herab! Sieh das geifernde Monster aus der siebten Sphäre! Sieh, wie es die Schönheit deiner Schöpfung zerreißt, wie es deinen Funken aus unseren Körpern stehlen will!“

Die Geweihte ruft den Mitstreitern zu, während sie in ihrem regenbogenfarbenen Beutel kramt: “Haltet es zurück! <sucht weiter>Ich brauche… Zeit! <leicht panisch>“

Sie findet ein Kinderspielzeug und kniet sich hin, zieht hastig einen Kreis. „In den Kreis! Schnell!“, ruft sie und alle drängen sich zusammen, während der Dämon immer wieder auf die Gruppe eindringt.

<laut, zornig> „Du hässliches Geschöpf! Du Wesen, das nicht von Tsa geschaffen ist! Du Unleben, das in Ihrer Schöpfung keinen Platz hat! Hinfort mit dir!“

<konzentriert, ein Tsa-Symbol – einen hölzernen bunten Salamander – gen Dämon streckend> „Im Namen der Schöpferin Tsa, im Namen ihrer stürmischen Schwester Rondra, die uns Menschen Schwert und Schild ist… im Namen der göttlichen Ordnung: <Stimme überschlägt sich vor Emotion und Grauen> Widerwärtiges Geschöpf, das du dienst den Fürsten der Niederhöllen… du kannst hier nicht bestehen!“

Und während der Dämon weiter nun versucht, in die gesegnete Zone zu gelangen, und er Verletzungen erhält und zurückzuckt, muss das Gebet weitergehen, auch wenn die Liturgie regeltechnisch vollständig gewirkt ist.

<an die Leute im Kreis> „Betet zu Tsa… betet zu den Göttern… du als nächstes… dann du… nur die Gnade der Götter kann uns erretten. So erhebt eure Stimmen zu den Zwölfen, Herrin Tsa, erhöre uns! Errette uns! Wir sind deine Kinder…“

Im Folgenden würden von allen Spielern improvisierte Gebete in einer emotional aufgeladenen Situation gesprochen werden. Die Geweihte würde versuchen, die Stimmung so lange hoch zu halten, Pausen zu überbrücken, die Merkmale ihrer Göttin einfließen zu lassen.

Und wenn der Dämonenspieler gut gebrieft ist (was er sein sollte!), wird er die Szene eine Weile mittragen, indem er versucht in den Kreis zu gelangen und sich dann zurückziehen, wenn er bemerkt, dass den Spielern die Gebetsmunition ausgeht und die Szene sich sonst totläuft.

Generell: Gebete / Liturgien / Segnungen erzeugen immer dann besonders tolles Spiel und eine dichte Atmosphäre, wenn sie möglichst perfekt an die Situation und die Aspekte der Gottheit angepasst sind.

Das braucht Vorbereitung und vor allem auch Übung!

 

Weitere Beispiele:

  • Ein Phexgeweihter spricht einen Grabsegen über einen verstorbenen Dieb ganz anders als eine Boroni. Er wird die Erhebung zu den Sternen hervorheben und der Seele wünschen, dass Phex sie stiehlt und als leuchtenden Punkt an Phexens Nachthimmel befestigt. Der Vergessensaspekt des Boron und die gesetzte, ernste Stimmung der Boronkirche werden kaum eine Bedeutung haben.
  • Eine Rahjageweihter spricht einen Heilungssegen anders als ein Perainegeweihter. Der Rahjani könnte die beschädigte Vollkommenheit des Körpers und die Notwendigkeit diesen wiederherzustellen in den Vordergrund stellen, oder die durch die Gewalt zerstörte Harmonie thematisieren, während ein bodenständiger Perainegeweihter ganz andere Worte wählen würde.
  • Eine Praiosgeweihte, die zufällig die einzige anwesende Geweihte bei einer Geburt ist, würde wohl das Licht des Herren Praios auf das Neugeborene herabrufen und es dem Schutz des strengen und gerechten Götterfürsten unterstellen, wohingegen ein Tsa-Geweihter sicherlich ganz andere, fröhlichere und lebensbejahende Worte finden würde.

Weiter geht es im Abschnitt "Regelrelevanz bei Liturgien".

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