Was ist eigentlich Live Rollenspiel (LARP)?

Gleichbedeutende Begriffe: "LARP" (Live Action Role Play), "Live Rollenspiel", Live RPG (Live Role Play Game), oder auch kurz "Live" (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Liverollenspiel)

Live Rollenspiel ist eine Art von Improvisationstheater in einem Fantasy-Setting, wie z.B. Herr der Ringe, Game of Thrones. Die Schauspieler suchen sich ihre Rollen aus und verkörpern diese dann in einer Handlung. Details und Verlauf der Geschichte sind ihnen unbekannt und bestehen meist aus einem Abenteuer, das eine Herausforderung für die Charaktere darstellt.

Der Spieler versetzt sich in die Rolle eines Charakters der Geschichte und erlebt die Handlung aus der Sicht der verkörperten Personen. Wie bei jedem Rollenspiel taucht der Spieler mit Hilfe seiner Vorstellungskraft in eine fantastische Welt ein. Der Unterschied zum Rollenspiel am Tisch oder Computer besteht darin, dass du selbst als Person deine Figur verkörperst - und das nicht abstrakt, wie am Tisch mit einem Heldenbogen voller Werte und Würfeln, sondern durch dein Tun und Handeln, dein Sprechen, deine Mimik, deine Kraft, Gewandtheit, Schläue, Ausdauer...

Beispiel:

Andi ist für ein Wochenende Waidhardt Peraindrin von Weyhenmühl: Ritter, Edelmann, mit dem Ziel auf Turnieren Gold und Streiter für die Rückeroberung der vom Feind besetzten Heimat zu sammeln. Er kleidet sich wie Waidhardt, er verhält sich wie Waidhardt, er spricht wie er, er gibt sich ruppig wie er ist, tritt beim Hoftanz auf Zehen, löst Konflikte mit einem Faustschlag oder dem Schwert. Er versucht zu handeln und zu empfinden, wie die von ihm entworfene und verkörperte Figur.

Überspitzt ausgedrückt: Andi ist in dieser Zeit mehr Waidhardt, als er selbst.

KartenstudiumRaetselnimschnee

 

Wo findet Live-Rollenspiel statt?

Rollenspieler treffen sich auf LARPs/Cons (Conventions), die von Veranstaltern (Orgas) organisiert werden. Das Angebot ist hier je nach Genre grenzenlos, Google ist bei der Suche dein Freund.

Beispiel DSA-LARP-Welt: www.larp-codex.de/orgas      www.larp-codex.de/cons

Beispiel eines bekannten Con-Kalenders: www.larpkalender.de


Das Spielgelände wird möglichst so gewählt, dass es gut zum Ambiente des Rollenspieles passt: Burgen, Ruinen, abgelegene Hütten, tiefe Wälder oder Tunnelsysteme sind Beispiele für eine geeignete Location eines Fantasy-Mittelalter Rollenspiels. Wichtig ist, dass möglichst wenige Dinge dort  sind, die es in der Fantasiewelt nicht geben würde. Durch die Wahl guter Locations werden störende Einflüsse (z.B. Autos,  Sonntagsspaziergänger...) ausgeschaltet und das Geschehen wird
überzeugender, die "Illusion der Realität" (siehe unten) kann leichter verwirklicht werden.

Ein gutes Ambiente ist ein wichtiger Bestandteil für hochwertiges Rollenspiel, denn es erleichtert es den Spielern, sich auf die fiktive Welt des Spieles einzulassen und sie als real zu empfinden.

Burginnenhof

Burgsaaldekoration

Wandertempel

In einer guten Umgebung, in der so wenig nicht hingehörende Elemente die Immersion stören, fällt es leicht intensive Szenen zu spielen und tief in die fantastische Welt einzutauchen, da man nicht dauernd an die Tatsache, dass es ja nur ein Spiel ist, erinnert wird.

 

Macht das Spaß? - Die "Illusion der Realität"

Einfache Antwort: Ja.

LARP macht deswegen so viel Spaß, weil das Geschehen dich in seinen Bann zieht. Wenn du vergessen kannst, dass du nur in einer Schullandheimhütte bist, es der 15. April 2014 um 13:45  Uhr ist, du übermorgen nach 200 km Fahrt unausgeschlafen in die Arbeit musst... und wenn du stattdessen losgelöst vom realen Leben einfach irgendwo in einer fantastischen Welt agierst und handelst, dann ist diese Illusion geglückt.

Das Geschehen wird im wahrsten Sinne des Wortes fühlbar und Bilder können das besser ausdrücken als Worte:

Bild1: EntschlossenheitBild2: Drohung

Bild3: WachsamkeitBild4: ÜberraschungBild5: Erschöpfung

Bild6: NachdenklichkeitBild7: Hey

Bild 1: Mit Entschlossenheit in den Zweikampf
Bild 2: Eine Drohung gegenüber Geiselnehmern: "Der Magier wird euch alle töten..."
Bild 3: Wachsamkeit nachdem Geräusche gehört wurden: "Hast du das gehört?"
Bild 4: Überraschung steht dem Söldner ins Gesicht geschrieben
Bild 5: Erschöpfte und gestresste Magierin im Stollen
Bild 6: Nachdenklichkeit, Trauer und Niedergeschlagenheit nach der Niederlage
Bild 7: Eine Konfrontation bahnt sich an: "Hey!"

Das Gelingen einer Szene, ihre gefühlte Intensität für die beteiligten Spieler hängt von vielen Faktoren ab:

  • Authentizität (Kostüme, überzeugendes Spiel)
  • Szenenstimmung (passende Beleuchtung, Location, aufgebaute Spannung)
  • Ambiente (keine störenden Einflüsse)
  • Freiheit des eigenen Geistes (keine störenden Reallife Gedanken) und Vieles mehr

Grundsätzlich gilt:
Je mehr du dich auf das Spiel einlassen kannst, je mehr äußere Störeinflüsse ausgeschaltet werden oder ausgeblendet werden können, umso intensiver ist das Spiel und umso besser das Erlebnis.

Ein Beispiel, das den Unterschied andeutet:
Wird jemand im Kampf von einer Klinge getroffen, ist er verwundet. Oftmals liegt er dann am Boden, ein Heiler kommt und fragt dann OutTime: "Wo bist du verletzt?" denn er kann ja keinen Riss in der Kleidung und kein Blut sehen. Das ist ja in der Standardvariante nicht da... dann sagt der Verletzte: "3 Schnitte im Bein, noch 1 Lebensenergie übrig...". Der Heiler nickt und wickelt ein paar Verbände über der Hose um das Bein... "1 Lebensenergie  zurück und doppelte Regeneration heute Nacht..."

Ok. Das könnte auch Rollenspiel sein.
Ist es cool? Nein, denn eine gelungene "Illusion der Realität" ist es nicht.


Das Folgende ist gelungene Wunddarstellung, und das ist Rollenspiel, wie es der Codex fördern will:

Heilung GruppeHeilungsszene

Verletzung am ArmVerwundeter Ritter

Der Kontrast: Das sind Folgen aus einem Kampf! Das Beispielvideo von  Danglar.de (2005) zeigt, wie die gleiche Szene stimmungsvoll aussieht.  Der Unterschied ist fühlbar, selbst wenn Gewandungsniveau und andere Details sich heute weiterentwickelt haben.

Verletzungen können mit Theaterbedarf oder auch nur einfachen Mitteln (Farbe, Kunstblut, Knetmasse, usw.) und der nötigen Kreativität sehr gut  dargestellt werden. Siehe dazu unbedingt das Video oben. Mit "Habe noch 2 LE und bin gleich tot! Muss zweimal schlafen nach Heilung mit Skill 3" hat das nichts mehr zu tun.

Die höchste Intensität wird erreicht, wenn für einen Moment alle störenden Einflüsse ausgeblendet werden können. Dann ist man ganz und gar im Geschehen, handelt und agiert von selbst im Sinne der Figur.  Nachdenken über die Handlungen ist dann nicht mehr notwendig, das Spiel gewinnt an Eigendynamik. Man weiß einfach, was passieren muss und es ist genial. Es gibt eine Larp-Philosophie die besagt, dass Immersion dann perfekt gelungen ist, wenn man als Charakter träumt und nicht als Spieler, was ein wenig extrem ist, aber die richtige Richtung angibt: Möglichst eine umfassende Immersion.


Weiter geht es im Abschnitt "Aventurien" oder im Kapitel "DSA-LARP".